Teil 1 : Babylon, Ägypten, Griechenland
Teil 2 : Griechenland (Fortsetzung)
Teil 3 : Rom
Teil 4 : Rom (Fortsetzung)
Teil 5 : Araber
Quelle: Zenit, 6. Jahrgang 1935, Heft 5
Von Dr. Hubert KORSCH
Griechenland (Fortsetzung)
Eudoxos aus Knidos
(408 - 355 v.Chr.) Philosoph, Mathematiker, Astronom und
Geograph. Schüler des Platon. Er verbesserte die Lehre von den Proportionen und
begründete die wissenschaftliche Stereometrie. Er versuchte zuerst für die
Bewegungen der Himmelskörper mit seinem System der homozentrischen
(konzentrischen) Sphären eine wissenschaftliche Erklärung. Darnach sind die
Fixsterne auf der Innenseite einer, der Erde konzentrischen, Hohlkugel
angebracht, die sich in 24 Stunden von Osten nach Westen um ihre Achse dreht;
auch Sonne, Mond und die fünf Planeten sind an dieser Sphäre befestigt, sodaß
sie an der täglichen Umdrehung teilnehmen, zugleich aber in mehrere andere
Sphären eingeschlossen, von denen jede eigenartig rotiert. Für Sonne und Mond
nahm Eudoxos drei Sphären zur Darstellung der Bewegungen, für die Planeten je
vier an, sodaß die Gesamtheit der Sphären 27 betrug. Dieses System wurde von
Aristoteles noch weiter ausgebildet, mußte aber später den Epizyklen des
Ptolemaeus weichen. Nach Gassendi (Gassendi, Tom V, p. 375) hat er die erste
künstliche Himmelskugel verfertigt und die Sternbilder, die Aratos beschreibt,
darauf verzeichnet.
Gundel bezeichnet es (S.69) als nicht unwahrscheinlich, daß Eudoxos in
Ägypten die empirische Weisheit "solcher Jahresorakel" anerkannt und den
Griechen übermittelt hat. Auch Boll (S.92) ist der Ansicht, daß Eudoxos die
Beurteilung der Planeten-Konjunktionen nicht nur erkannt, sondern auch in
Anerkennung der scheinbar uralten Erfahrungen der babylonischen Sterndeuter selbst
angewandt hat.
Aristoteles aus Stagira
(384 - 322 v.Chr.) Der tiefste und umfassendste Geist des
ganzen Altertums. Philosoph. Sein Vater war Leibarzt des mazedonischen Königs
Amytas, des Vaters des Philippos und Großvaters Alexanders des Großen, dessen
Erzieher später Aristoteles wurde. Seine Schule wurde die "peripatetische"
genannt, weil Aristoteles beim Vortrag nicht zu sitzen, sondern umherzuwandeln
pflegte. Nach dem Tode seines mächtigen Schülers und Beschützers, Alexander des
Großen, wurde er der Gottlosigkeit angeklagt und floh nach Chalkis auf Euboea,
wo er 322 an einem chronischen Magenleiden starb.
Er lehrte, daß alle Bewegung zuletzt von dem ersten Bewegten, der Fixsternsphäre,
ausgehen müsse, und daß somit jede Veränderung auf der unvollkommenen Erde
durch die zahlenmäßig bestimmten Bewegungen in der vollkommenen oberen Welt
bewirkt werde, eine Auffassung, die für die Astrologie eine ebenso
brauchbare Grundlage bildet wie sein fest geschlossenes und ummauertes
Weltgebäude (Boll, S.21). Von Aristoteles stammen die vier Grundqualitäten,
deren je zwei ein Element bezeichnen:
warm-trocken = Feuer,
warm-feucht = Luft,
kalt-trocken = Erde,
kalt-feucht = Wasser.
Theophrastos aus Lesbos
(390 - 305 v.Chr.) Schüler und Freund des Aristoteles, der
ihn zum Vormund seines Sohnes und Erben seiner Bibliothek einsetzte. Diese
erste, durch die Gunst Alexanders des Großen sehr ansehnlich gewordene Büchersammlung
kam später nach Alexandrien, wo sie die Grundlage der Ptolemaeischen
Bibliothek bildete, die bei der Einnahme der Stadt durch Julius Caesar ein
Raub der Flammen wurde. Die Handschriften des Aristoteles hatte Theophrastos
dem Neleus vermacht, der sie in einem Keller vergrub, wo sie 130 Jahre
vergessen liegen blieben. Nach der Eroberung Athens brachte sie Sulla als Beute
nach Rom.
Theophrast kannte die Kunst der Chaldäer, die er bewunderte (Boll
S.21).
Aratos aus Soloi
(315 - 245 v.Chr.) Er lebte am Hofe des Antigonos Gonatas
von Mazedonien, in dessen Auftrag er das astronomische Gedicht
"Phaenomena" über Sternerscheinungen, nach den Werken des
Eudoxos, abfaßte. Das Gedicht wurde im Altertum sehr hoch geschätzt.
Aristyllos aus Samos
(Um 300 v.Chr.) Er war der erste griechische Astronom, der
die Ortsbestimmung der Fixsterne mit Hilfe der Armillarsphäre versuchte.
Seine Beobachtungen wurden von Hipparch und von Ptolemaeus benutzt.
Berossos aus Babylon
(Um 280 v.Chr.) Er widmete dem syrischen König Antiochus 1.
(280-261 v. Chr.) in griechischer Sprache drei Bücher babylonischer Geschichte
vom Uranfang bis Dareios, wozu er die im Beltempel aufbewahrten
Priesterchroniken benutzte. Er war Priester des Bel und gründete auf der
Insel Kos eine Astrologenschule. Die Athener errichteten ihm wegen seiner zutreffenden
Voraussagen im Gymnasium ein Standbild mit vergoldeter Zunge (Plinius, nat.
hist, VII. 123).
Achinapolos
ein Nachfolger des Berossos, hat in der Astrologenschule auf
Kos schon bestimmte Richtlinien für den Moment der Empfängnis
ausgearbeitet (Boll S.153).
Eratosthenes aus Kyrene
(275-195 v. Chr.) In seinem Hauptwerk, drei Bücher
"Geographika", begründet er als erster die wissenschaftliche
Geographie. Auf Grund der von ihm vorgenommenen ersten Gradmessung zwischen Alexandria
und Syene suchte er den Umfang der Erde zu bestimmen. Er beobachtete Durchgänge
der Sterne durch den Meridian und fand die Schiefe der Ekliptik 23°
51'15". In den "Katasterismoi" zählt er 44 Sternbilder mit 475
Sternen auf.
Aristarchos aus Samos
(Um 250 v. Chr.) Er war der Hauptvertreter des
heliozentrischen Weltsystems im Altertum. Er lehrte, daß die Sonne und die
Fixsterne unbeweglich, und daß die Erde, die sich um ihre Achse drehe, gleichzeitig
in einem gegen den Äquator geneigten Kreis um die Sonne laufe. In seiner allein
erhaltenen Schrift "Über Größe und Entfernung der Sonne und des Mondes"
gibt er eine Methode, das Verhältnis zwischen diesen Entfernungen zu bestimmen.
Der einzige Anhänger des von Aristarch geforderten kopernikanischen Systems
war Seleukos aus Seleukia am Tigris, der nach Plutarch (Plutarch,
quaerst. VIII, 1.) das von Aristarch nur vermutete heliozentrische System,
bewiesen hat. Er entdeckte auch den Zusammenhang der Gezeiten mit den
Mondphasen (Boll, a.a.o. S. 95).
Karneades aus Kyrene (Afrika)
(214 - 129 v. Chr.) Philosoph, scharfer Dialektiker und
glänzender Redner. Er war zunächst Stoiker, wandte sich dann aber der
platonischen Lehre zu und wurde Stifter der neuen, dritten Akademie. Karneades
war einer der schärfsten Gegner der Astrologie.
Seine Einwände, die auch spätere Gegner der Astrologie immer wieder
aufnahmen, waren (nach Boll S.25).
1. Wie sollte es bei der ungeheuren Geschwindigkeit, mit der sich der Himmel
in 24 Stunden um die Erde dreht, und bei der Unzulänglichkeit der Wasseruhr je
gelingen können, den am Himmel aufgehenden Punkt der Ekliptik genau festzustellen,
vollends, wenn man, wie es eigentlich geschehen müßte,
2. von dem unsichtbaren Zeitpunkt der Empfängnis, nicht erst der Geburt
ausging,
3. Wie selten war auch nur der Augenblick der Geburt genau ermittelt und
zuverlässig überliefert,
4. Wie kommt es, daß von drei zur gleichen Sekunde am gleichen Ort geborenen
Lebewesen das eine ein stolzer König, das andere ein armer Bettler, das dritte
gar ein Lastesel wird?
5. Wie kommt es, daß Menschen von sehr verschiedener Geburtsstunde in der
gleichen Schlacht oder beim gleichen Schiffbruch ein gemeinsames Schicksal
ereilt?
6. Wenn die gleiche Konstellation erst nach vielen Jahrtausenden
wiederkehrt, wie kann der Astrologe die Erfahrungsgrundlagen für seine Schlüsse
gewinnen und nachprüfen?
Sein Haupteinwand war jedoch der, daß mit der Allgewalt des Schicksals jede
menschliche Verantwortung und jede Sittlichkeit aufhöre. Diesen Einwand
beschwichtigte MANILIUS mit den Worten: "Non refert scelus unde cadit;
scelus esse fatendumst". "Gleich, woher das Verbrechen auch stammt:
Verbrechen doch bleibt es".
Eine Zeitlang blieb Karneades mit seiner Kritik siegreich.
Panaitios aus Rhodus
(180-110 v. Chr.)Er lebte längere Zeit in Rom, wo er am
meisten zur Verbreitung der stoischen Philosophie beitrug. Als Freund des
Scipio Africanus Minor begleitete er diesen nach dem Orient und auf einer Reise
nach Ägypten. Dann kehrte er nach Athen zurück und leitete die stoische Schule.
Obwohl die Stoa infolge ihrer streng deterministischen Einstellung von
Anfang an die gegebene Beschützerin der Astrologie war, wich Panaitios in bezug
auf die Astrologie von der Lehre seiner Schule und gab die Weissagung und
Sterndeutung preis.
Hipparchos aus Nicaea
(Lebte um 160-125 v.Chr.) Berühmter Mathematiker und
Astronom. Begründer der wissenschaftlichen Astronomie. Seine zahlreichen
astronomischen Schriften hat Ptolemaeus in seinem "Almagest"
aufbewahrt. Die älteste ihm zugeschriebene Beobachtung ist die des
Herbstäquinoktiums im Jahre 161 v.Chr., die erste sichere die einer
Mondfinsternis im Jahre 146 v.Chr., die letzte uns bekannte eine
Mondbeobachtung vom Jahre 126.
Hipparch ist der Erfinder der sphärischen Trigonometrie. Er verfaßte
einen Sternkatalog, in dem er die Orte von 180 Fixsternen
feststellte. Er entdeckte die Präzession. Die Länge des Sonnenjahres
bestimmte er auf 365 Tage 5 Stunden 55 Minuten 12 Sekunden; ferner erkannte
er die Ungleichheit der Jahreszeiten. Er führte die Ortsbestimmung nach
Länge und Breite ein. Den Abstand des Mondes von der Erde bestimmte er
nahezu richtig gleich 59 Erdhalbmessern.
Fragmente aus der astrologischen Geographie sind uns durch Vettius
Valens und durch Hephaestion von Theben bekannt.
Poseidonios aus Apameia in Syrien
(135-50 v.Chr.) Er war der Nachfolger des Panaitios in der
Führung der Stoa. Er galt als der umfassendste Gelehrte seiner Zeit und trug
viel dazu bei, die Astrologie den Griechen näher zu bringen. Er verhalf dem
astrologischen Gedanken zum Siege. In Poseidonios steht die Astrologie auf
der Höhe der damaligen griechischen Wissenschaft (Boll a.a.O. S.12).
Die älteste Systematik ist ein griechischer astrologischer Papyrus in der
Papyrussammlung der Michigan-Universität eines unbekannten Verfassers, der im
2. nachchristlichen Jahrhundert geschrieben ist.
Hierin wird dem Gott Asklepios, hinter dem sich der ägyptische Gott Imuthes
birgt, die Lehre der acht Orte, der sogenannte Oktotropos, zugeschrieben.
Hieraus hat sich das System der 12 Orte, der sogenannten Dodekatropos
entwickelt.
Fortsetzung Teil 3 : Rom
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